HV Darup
/

 


Streifzug durch die Zeit in Darup / Hof Schulze Darup


Was hat dieser Hof alles erlebt?

- den verheerenden Brand in unmittelbarer Nähe 1806 

- mit Spenden konnte das Dorf wieder aufgebaut werden  
- aber plötzlich gab es neue Regeln: wie groß musste z.B. der Abstand zum Nachbarn sein? 
- Der Lehrer musste nur wenig Steuern zahlen, weil er einfach so wenig verdiente 

- 1701 gab es zum Beispiel 27 leerstehende  Wohnungen.Vieles haben sie „erlebt“ im Laufe der Jahrhunderte,  diese beiden Bäume, die sich auf dem Hof Schulze Darup befinden.  Mittlerweile schwächelt die Linde.  


Hier ein Auszug aus der Schülerarbeit von Christina Schiewerling und Christina Saatkamp  (1996 Klasse 9c des Nottulner Gymnasiums). Sie ließen die beiden Bäume ihre Geschichte und damit die Geschichte des Dorfes erzählen:

Die beiden Naturdenkmäler, Eiche und Linde, auf dem Hof Schulze Darup

.

Die „Autobiografie einer Eiche" im Münsterland (18.-20. Jahrhundert)

Ich bin die Eiche, die auf dem Hof des Bauern Schulze Darup steht. Am 21. November 1995 besuchte mich die Umwelt AG des Gymnasiums Nottuln. Auch der Förster Söchting und der Bauer Schulze Darup hatten sich auf dem Hof eingefunden. Der Förster erklärte den AG-Teilnehmern/innen einige interessante Daten über mich, (welche ich bis jetzt auch nicht wusste). So schätzte man  mein Alter auf 250 Jahre und meine Höhe auf  20 Meter. Meinen Umfang ermittelten die Schüler, indem sie ein Maßband um meinen Stamm  legten. Der Förster stellte eine „forstwirtschaftliche Diagnose“ (Zustandsbericht). So erkannte er trockene Äste in meiner Krone. Man fand auch Schäden durch eine im Herbst an den Baum gestellte Leiter, die eigens zum Aufhängen eines Fichtenstammes aufgestellt wurde, und durch Sturm. Ein Teil meiner Rinde ist vermoost, da es sich um die West- und somit um die Wetterseite handelt. Ansonsten sehe ich aus wie eine normale Eiche mit Stamm und knorrigen Ästen. (Die Beurteilung meines Aussehens bleibt dem geneigten Leser überlassen). Nun etwas zu meinem Job: Meine Hauptaufgabe neben der Bereitstellung eines Lebensraums für Pflanzen und Tiere ist es, bei  der Fotosynthese Sauerstoff zu bilden. Wichtig für mich ist, im Herbst (teilweise schon im August) meine Blätter fallen zu lassen. Dadurch verringere ich die Oberfläche und somit auch die Gefahr des Austrocknenes durch reduzierten Wasserverbrauch  in den Wintermonaten (soviel für den biologisch interessierten Leser).

Nach soviel Selbstdarstellung nun etwas zu meiner Nachbarin, der Linde. Sie ist etwa 150 Jahre alt und 16 Meter hoch, was die Besucher feststellten. Der Förster hielt die Linde für „sehr gesund“.(Doch da er uns beide als Biotope zu schätzen wusste, hatte ich keinen Grund neidisch zu sein.)

Die ökologisch interessierten Kinder und Jugendlichen gingen dann mit dem Bauern Max Schulze Darup in das Hauptgebäude des Hofes, um etwas über die Geschichte Darups und des Schultenhofes zu erfahren. Er gab ihnen folgende Informationen:

Geboren wurde ich, die Eiche, 1750, zu einer Zeit als Darup noch Dodorf(f) hieß. Der Name Darup kommt nämlich von Dodorpe bzw. Dothorpe  und bedeutet so viel wie „ eine am Bach gelegene Siedlung“.  Der Name Darup entstand erst später. (So viel zur Namenskunde, wenn auch die Umbenennung für mich gewöhnungsbedürftig war.) Meine Heimat ist eine bäuerliche Siedlung, die im 10. Jh. entstand. Erstmals wurde Darup als selbstständiges Kirchspiel (Bezirk einer Pfarrei) im Jahre 1188 urkundlich erwähnt.

Im Jahre 1637 gab es in Darup schon eine Schule. Meinerseits erinnere ich mich noch den Lehrer Everhard Dieckmann, der von 1721 bis 1767 Lehrer, Notar und Organist in Darup war und wegen der Armut wenig (Anmerkung: keine) Steuern zahlen musste. Zu seinen Schülerinnen und Schülern gehörten im Schuljahr 1738/39 18 Mädchen und 23  Jungen, wobei die Jungen öfter als die Mädchen die Schulbank drückten. Das Schuljahr  begann erst im Herbst und endete im Frühjahr, weil die Kinder in der Landwirtschaft mithelfen mussten.  Des Weiteren ist anzumerken, dass der Unterricht einklassig war, also Schüler von 7 bis 14 Jahren  in einem Klassenraum saßen und gemeinsam unterrichtet wurden. Es musste ein Schulgeld bezahlt werden (14 Pfennig pro Kind und Monat), so dass zur Schule hauptsächlich die  Kinder aus Bauern- oder Handwerkerfamilien kamen. Außerdem sollte erwähnt werden, dass das Schulgebäude den Lehrer und seinen Viehstall beherbergte. Im Jahre 1745 war das Schulgebäude reparaturbedürftig, infolgedessen eine Untersuchung über den Bauzustand stattfand. (Das Thema Schule war schon immer ein Dauerbrenner).

Im Jahre 1750 gab es in Darup  360 Einwohner und 83 Haushalte, wobei 34 mietweise in Nebenhäusern wohnten. In Darup lebten Erwerbstätige in der Landwirtschaft (18,1%) und in der Dienstleistung (10,8%).

Im Jahre 1783 wurde die Daruper Waldkapelle fertiggestellt, nachdem der Bau bereits 1748 von Pfarrer Kleymann beim Bischof beantragt worden war. (Witterungsschäden am 1718 errichteten Baumkreuz  wurden u.a. als Grund angeführt.)

1765 gab es 2 Wirtschaften in Darup, nämlich „In der weißen Schwan“ und „Im weißen Ross“. Die Besitzer der Gastwirtschaft „In der weißen Schwan“ war auch Besitzer des Gildehauses, in dem jeweils die reichsten Daruper wohnten. Hier wurde auch Handel und Geldverleih betrieben. (Kassieren war also immer schon Chefsache).

Der 7-jährige Krieg (1756 -1763) war für die Bewohner Darups und auch für mich eine schwierige Zeit. So wurde ein hessisches Infanterie-Regiment in Darup einquartiert. Die Menschen hatten 2 Offiziere und ihre Knechte sowie zwei Waschfrauen zu verpflegen, weshalb es öfter zu Ausschreitungen kam. Der Kampf um die Vormachtstellung - Preußen gegen Habsburg- forderte nicht zuletzt einmal wieder Opfer der Kleinbauern. (War das die Eroberung Schlesiens wert?) Infolge des Krieges wurde die Daruper Mark geteilt, um den Schuldenberg zu verringern. Danach hatten der Schultenhof und der Hof Meier (Unterhof des Schultenhofes) jeweils 24 Schar (Anteile). Pro Schar durfte ein Schwein im Winter zur Eichelmast geschickt werden. Die Oberaufsicht über die Nutzung von Wäldern, Weiden und Heiden hatte der Besitzer des Schultenhofes Darup. Zu diesem Zwecke kam das Holzgericht (Holting), dem neben dem Besitzer des Schultenhofes noch 3 Mahlmänner (Wahl) angehörten, am Michaelistag mit den beteiligten Bauern und deren Grundherren (Kötter nicht markenberechtigt) zur Feststellung der Holznahmeregelung zusammen. (Justiz war schon immer ein Buch mit sieben Siegeln).

Im Jahre 1788 übernahm Franz Wilhelm Darup (ein Sohn des Hauses) die Pfarrstelle in Sendenhorst. Dort war er zugleich als Ortsschulinspektor und Schriftsteller tätig. (Veröffentlichung zahlreicher Bücher und Beiträge im Wochenblatt).

1793 war unser Dorf schon wieder gewachsen. So gab es 38 schulpflichtige Kinder zwischen 7 und 15 Jahren, wobei 12 Kinder ständig in der Schule fehlten. Gegen die Eltern wurden Strafmaßnahmen angekündigt. (Sollte der Umbau des Schulgebäudes 1787 zwecklos gewesen sein?)

1806 gab es ein historisches Ereignis in meinem Wohnort, das dem großen Brand von 1748 in Nottuln gleichzusetzen ist. So brannten am 6.Mai diesen Jahres 40 Gebäude vollständig ab, darunter 26 Wohnhäuser. Der Brand entstand vermutlich auf dem Hof Schulze Darup. Der neue Bewohner des Kottens wollte seine Behausung mit Feuer reinigen, weil der vorherige Bewohner ein Jude gewesen war. (Zeigt etwas deutlicher die Sinnlosigkeit von Antisemitismus auf). Dem Brand zum Opfer fiel auch die Schule (gelegen zwischen uns und der Kirche). Die Kirche konnte bis auf einen Dachreiter (Türmchen) gerettet werden. (Welche Sensationsstory hätte ich als Reporter zu Papier bringen können. Doch tatenlos mit ansehen zu müssen, dass meine gewohnte Umgebung den Flammen zum Opfer fiel, war nicht leicht für mich. Schließlich bin ich ja durch meine Wurzeln an einen Standort gebunden.) Geldspenden aus den umliegenden Gemeinden ermöglichten den Wiederaufbau des Dorfes.

Im selben Jahr wurde das Hauptgebäude des Schultenhofes errichtet. Kurze Zeit später erhielt Darup die Genehmigung, eine eigene Mühle zu errichten,  nachdem in den Jahren 1711/ 1766/ 1784 drei Anträge abgelehnt worden waren. Die Menschen mussten damals entweder die Nottulner Abteimühle oder die Mühle in Coesfeld nutzen, um ihr Korn mahlen zu lassen. Doch es ergaben sich Probleme, da die Nottulner Mühle im Sommer meist kein Wasser hatte und die Coesfelder Mühle zwei Stunden Fußweg entfernt lag. Somit war die Errichtung einer Turmwindmühle mit zwei Mahlgängen auf dem Daruper Berg eine willkommene Erleichterung. (Brot essen ist nicht schwer, Getreide mahlen umso mehr).

1815 wurde mein damaliger Besitzer Anton Schulze Darup zum Gildemeister gewählt. (Die Familie meiner Besitzer war aber auch sehr vielseitig).

Zwei Jahre später herrschte in meinem Wohnort eine Hungersnot, die mit einer sehr hohen Inflation in den Jahren 1816/1817 verbunden war. (Zu dieser Zeit war ich froh darüber, dass ich nicht von anderer Leute Nahrung abhängig bin, sondern mich selbst ernähren kann. Zeigt eindrucksvoll die Bedeutung der Fotosynthese auf.)

Am 25.7.1843 wurde der Friedhof an der heutigen Coesfelder Straße offiziell eingeweiht. Bis 1808 diente der Kirchhof als Friedhof. Um den Kirchhof herum befanden sich Spieker, die von armen Leuten bewohnt wurden. Einer gehörte meinem damaligen Besitzer. Der folgende Friedhof existierte bis 1843 auf dem Köttling. Doch da es sich dort um ein sehr sumpfiges Gebiet handelte, konnte die Särge nur mit 5 cm Erde bedeckt werden. Deshalb war der Friedhof nicht lange „in Betrieb“ und der oben genannte Friedhof wurde errichtet.

Nach einer Jahreszahl im Giebel des Brauhauses auf unserem Hof wurde dieses 1848 erbaut. 1858 wurde die Waldkapelle zum Wallfahrtsort mit bis zu 800 Besuchern an einem Tag. Des Weiteren sollen dort auffällige Krankenheilungen von Gläubigen vorgekommen sein. (Parallelen zur bekannten Heilquelle in Lourdes sind erkennbar. Einbildung oder göttliche Kraft?) Ab dem Jahr 1807 wurden jährliche Prozessionen zur Waldkapelle unternommen, und zwar an Fronleichnam, am Karfreitag und am ersten Sonntag im September. (Die Kirche hatte also nicht nur im Mittelalter besondere Bedeutung).

1868/69 stiftete mein damaliger Besitzer im betagteren Alter einen Hauptaltar für die Kirche.

Josef Schulze Darup war von 1883 bis 1919 erster Rendant des Darup-Roruper-Spar- und Darlehnskassenvereins. (s. Volksbank)

Mittlerweile war mein Wohnort so gewachsen, dass ich nicht mehr jeden Einwohner mit Namen kannte. (Darup zählte über 1.000 Einwohner.) 1908 wurde unser Wohngebäude auf  zwei Stockwerke erweitert.

1925 wurde die mit Mühe und Not errichtete Mühle wieder abgerissen. (Viel Lärm um nichts?) 1948 wurde auch in Darup die DM eingeführt, doch ich war nicht so sehr wie meine Mitbürger davon betroffen, da ich nicht einkaufen gehe.

Im Jahre 1950 baute man eine Scheune, die zuerst nur den Getreidegarben diente, später aber auch als Viehstall genutzt wurde. In diesem Jahr wurde auch der erste Trecker gekauft. Er hatte 28 PS.

1955 kaufte man den ersten Mähdrescher, der aber nur bei ganz trockenem Getreide einsetzbar war, was sehr selten vorkam. In diesem Jahr hatten wir auf dem Hof jede Menge verschiedene Tiere. So gehörten dem Hof ein Pony, Kühe, ein Zuchtbulle, Rinder, Bullen, Kälber, ein Eber, Sauen, Ferkel, Mastschweine, Schafe, Enten, Gänse, Hühner, Küken, Katzen und ein Hund. Um dieses Jahr herum wurden die Äcker mit Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Klee, Luzerne, Futterrüben, Zuckerrüben und Kartoffeln bestellt.

Nach und nach wurden auch die Beschäftigten weniger.  Bis 1960  hatten wir nur noch einen Landarbeiter.

1962 riss man den von Schulze Darup gestifteten Hochaltar ab. (Hatte dieser seinen Zweck erfüllt?) Auch wurde in diesem Jahr das an der Straße liegende Gebäude, das früher als Holzlager, Remise und Pferdestall diente, in dem Teil, in dem der Pferdestall untergebracht war, für die Getreidetrocknung umgebaut. Die Teile, in denen die Remise und das Holzlager waren, wurden 1965 bis 1972 in Stallungen umgewandelt,

Bis in das Jahr 1963 hatten wir auf dem Hof einen großen Garten, was ich sehr schön fand. Den Gemüsegarten hat mein jetziger Herr, Max Josef Schulze Darup, leider auch aufgegeben. (Zeit ist Geld).

Mein schönstes Erlebnis hatte ich im Jahre 1965, in dem ich zusammen mit meiner Freundin, der Linde, unter Naturschutz gestellt wurde. (Als Naturdenkmal weiß ich jetzt endlich, wie man sich als VIP (very important person oder so?!) fühlt). Im gleichen Jahr wurde zum ersten Mal Mais ausgesät. Man schaffte die Schweine allmählich ab und immer mehr Milchkühe wurden gehalten. Bis ins Jahr 1967 hatten wir einen Melker.

Bis zum Jahr 1970 hatte man auf meinem Hof Pferde für einige Arbeiten, aber auch die wurden nach und nach durch Trecker ersetzt. Auch eine Haushaltshilfe war ab dem Jahr 1972 überflüssig. Im Jahr 1974 brannte dann die gerade 24 Jahre alte Scheune ab. Die Stelle des Kötters wurde im Jahr 1975 auch abgebaut.

Im selben Jahr errichtete mein damaliger Besitzer eine Halle, um sie als Schleppergarage, Strohlagerraum und Stallung zu nutzen.

Seit 1975 gehört Darup durch die kommunale Gebietsreform  nicht mehr zur Gemeinde Rorup, sondern zu Nottuln. (Umstellungsprobleme habe ich keine, da ich keine Briefe schicke.)

1977 feierte die Magdalenenbruderschaft ihr 250-jähriges Bestehen (Gründung im Jahr 1727). Sie wurde im Jahr 1815 neu gegründet durch Pfarrer Kroos. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges beginnt bei den jährlichen Schützenfesten  der Festumzug durchs Dorf auf unserem Hof. (Bei Sonnenschein spenden die Linde und ich den Schützen Schatten, bei Regen stehen sie unter unseren Kronen im Trockenen.) 1980/81 wurden die Milchkühe abgeschafft und der Betrieb auf Bullenmast umgestellt (Spezialisierung).

Im Jahr 1986 wurde unser Brauhaus unter Denkmalschutz gestellt und mühevoll restauriert. (Die Bauarbeiten störten die Ruhe am Tag erheblich.)

Vor vier Jahren, 1991, besuchten erstmals Daruper Kinder das in Nottuln neu gebaute Gymnasium (Diese Gefälligkeit erlaube ich mir, da sich noch niemand so ausführlich mit mir beschäftigt hat.

Heute, 1995, hat Darup rund 1720 Einwohner.  Das Brauhaus, das 1990 nur zum Teil bewohnbar war und auch nur als Ferienwohnung genutzt wurde, baute mein jetziger Besitzer ganz zu Wohnzwecken um. Es ist vermietet.